Frankopan, Peter: Licht aus dem Osten. Eine neue Geschichte der Welt, Berlin 2016.

Beginnen möchte ich meine Buchbesprechungen mit dem Werk von Peter Frankopan: Licht aus dem Osten. Eine neue Geschichte der Welt, oder wie es im englischen Original heißt: The Silk Roads: A New History of the World.

Peter Frankopan ist eigentlich von Haus aus Byzantinist und beschäftigt sich hauptsächlich mit dem mediterranen Raum, dem Nahen Osten, Teilen Russlands und Zentralasiens in Antike und Mittelalter. In Licht aus dem Osten möchte er über diesen Raum hinausblicken und versucht sich an einer Perspektive für eine „neue“ Weltgeschichte. Frankopan möchte nämlich die Verbindungen und den damit einhergehenden Austausch von Waren und Ideen zwischen Westen und Osten, also Abendland und Morgenland, durch die verschiedenen Zeitalter aufzeigen. Als Rahmen dafür benutzt er die Handelsverbindungen, über die dieser Austausch meist geschah.

In den ersten Kapiteln gelingt es Frankopan, den Leser mit interessanten Anekdoten und fesselnden Erzählungen zu packen und seine Prämisse des Austausches zwischen Ost und West einzulösen. Schon früh haben weitreichende Handelsbeziehungen die Menschen in den verschiedenen Regionen der Welt verbunden; viel früher und in größerem Ausmaß als man gemeinhin annimmt. Jedoch leidet schon in den ersten Kapiteln die Quellenkritik, denn die Quellen werden auch gerne mal von Frankopan passend gemacht, damit sie in das große Ganze seiner „neuen“ Weltgeschichte passen.

Nachdem die Handelsbeziehungen in vorchristlicher Zeit behandelt wurden, beschäftig sich das Buch mit dem religiösen Austausch zwischen Ost und West im Spannungsfeld zwischen Christentum und Islam. In diesen Abschnitten erfährt der Leser einige interessante Aspekte über das „westliche“ Christentum, das gar nicht so „westlich“ ist, wie es angenommen wird.

Umso weiter das Buch jedoch in der Zeit fortschreitet, desto mehr bezieht es sich auf klassische europäische Geschichts-Klischees, von denen es sich doch eigentlich abheben wollte.

„Die Morgendämmerung rückte Europa in den Mittelpunkt, hüllte es in goldenes Licht und bescherte ihm gleich mehrere Goldene Zeitalter hintereinander.“

In den Kapiteln, die sich zeitlich mit den Epochen des ausklingenden Mittelalters und der folgenden Zeit befassen, rückt Frankopan leider davon ab, östliche Einflüsse auf die westliche Welt zu zeigen, und erzählt eigentlich nur noch von den Einflüssen der westlichen Mächte auf den von ihnen betroffenen Kulturkreis. Regionen wie China, Südostasien oder Afrika verschwinden aus dem Blickfeld und eigentlich werden nur noch Persien, Amerika und Europa neben der britischen Kolonie Indien besprochen. Insbesondere Persien nimmt einen überproportionalen Raum innerhalb der Kapitel ein. Ebenfalls wird der Text im Verlauf repetitiv; schon im Vorfeld festgestellte Tatsachen, wie die strategisch wichtige Rolle Persiens für die Briten und Amerikaner, werden immer wieder fast gebetsmühlenartig wiederholt.

Sprachlich zeichnet sich Frankopan, in typischer angelsächsischer Tradition, durch einen eher populärwissenschaftlichen, eher an die breiten Masse orientierten, Stil aus. Das Buch lässt sich daher aber sehr gut und flüssig lesen und macht trotz seiner gut 700 Seiten Fließtext meistens Spaß. Jedoch wird es mit fortschreitender Kapitelzahl immer zähflüssiger und leider auch uninteressanter. Dadurch wird leider der gute Eindruck der ersten Kapitel etwas zunichte gemacht. Nichtsdestotrotz lässt sich das Werk empfehlen. Allerdings muss man auch aufgrund des häufiger problematischen Umgangs mit den Quellen eine nötige wissenschaftliche Distanz bewahren.

-Elias Harth